ABC des Scheiterns
November 22
l
Seit ich mich wieder intensiv mit Ann Cotten und ihren Fremdwörterbuchsonetten von 2007 beschäftige, liegt das Fremdwörterbuch immer in meiner Reichweite. Auf diese Sonette werde ich hier irgendwann noch mal ausführlicher zurückkommen, da sie mich seit Jahren faszinieren und ich in Zyklen von Loslassen und Annähern um sie kreise. Unerschöpfliche, widerspenstige, freche Dichtung.
Das soll jetzt zwar nicht heißen, dass ich etwa Vergleichbares fabrizieren möchte oder könnte – das Scheitern wäre sicher. Aber Ann Cotten füttert meinen Spieltrieb und meine Unsinnslust.
latinisiertes larifari lauter lapsus + lappalien lädieren latent labbrige lamina laue larmoyanz labt lachhafte lage langarmiges lametta lacht laut
For my English reading friends: latinized rubbish just mistakes + bagatelles damage latent sloppy skullcap lame tearfulness feasting laughable situation long-armed tinsel laughs loudly
Am besten nimmt man das Getränk während des Lesens zu sich 🙂, nicht erst anschließend.
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Jetzt muß ich alle Kommentare noch mal lesen – wie gelangt man von wortzerstäubender Lyrik zu warmem, wenn auch labbrigem Zichoriengetränk?
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Liebe Ule, zu deinem Latinisierten Larifari musste ich erst mal den Zugang finden. Der Titel gefiel mitr gleich und die L-LyrikSpielerei auch, aber der Sinn? Auf dem Weg, Ann Cotten kennezulernen(Danke! beeindruckend!) sind mir dann einige Augen(!) aufgegangen!
Dass Lyrik gar nicht verstenden werden muss, war das Erste. Schwierig für mich; denn ich will immer verstehen. Aber ich kann mich auf der Spielebene darauf sehr gern einlassen. Und damit komme ich auch zu einem neuen Begriff des Scheiterns, den ich auf deinem Link zu Ann Cotten gefunden habe , nämlich dem des Clubs der polnischen Versager . In meinem Verständnis und meinen Worten: Lieber, locker, lieber lässig und lustig! Lass los, bleib kreativ , liebe die Kunst- lass den Ehrgeizigeren, vielleicht Begabteren den ersten Platz und „scheitere“ , aber höre auf deine Kreativität. L und das lässigere Scheitern also. 😉
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Was für ein kongenialer, beglückender Kommentar, liebe Petra, und sehr L- lastig 🙂. Wenn ich dich mit dem Spielchen ein wenig auf Ann Cotten zu geschubst hätte, wäre das für mich (und hoffentlich für dich auch) eine Freude. Lesehilfe bietet zu Cotten und drei anderen modernen PoetInnen das tolle Buch von Christian Metz, Poetisch Denken. Die Lyrik der Gegenwart
Es ist vermutlich das von mir am häufigsten und intensivsten gelesene Buch (abgesehen von den Lieblings-Pixibücher meiner frühen Kindheit).
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Danke für den Tipp! Das Buch kommt für mich wie gerufen! Schon allein der Einleitungstext im Netz macht’s spannend!
Dir einen angenehm gemütlichen 2.Advent!Herzlich, Petra 🕯️🕯️
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Auch dir einen besinnlichen Sonntag. Hoffentlich erfüllt Christian Metz deine Erwartungen.
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Danke! Das scheint ja ein hochkarätiger Kenner zu sein! Wenn seine Einführungsworte so stark für mich sind, gibt es da sicher noch einiges, was sich neu einprägt! Liebe Grüße, Petra
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hui, da lasse ich mich sofort mitnehmen!
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ja, los, komm mit! Danke!
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Thank you for this great comment that made me laugh in several points. I have not read English poetry by Ann Cotten yet. Her German texts are complex enough to make me dizzy, so there would be no chance to decrypt her English to full enjoyment. About your poetry, I wouldn’t be so humble, it has more artistic beauty than you mention.
Funny imagining you with my poem from the Google translation! I did that myself just for fun and was surprised at the least.
The Christmas tree sparkling in metallic tinsel was an association I have aimed at, even though it would be a sin against environmental protection to use it in real life.
Next time, there will be Ms and Ns …🙂
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Thank you for introducing me to Anne Cotten. She writes real poetry – complex, playful, and clever. This is the kind of poetry that I think of when someone says they like my poetry – mine is not poetry, it’s just words that are separated more than usual. Anne Cotten is the real deal.
I see she’s an American living in Berlin and is a translator – google did not even try to translate larifari so I’m glad I have my own favorite translator on the job. Rubbish, a great word. 😉 This time the google translation is completely, utterly, totally different from what you wrote.
I understand what you mean by those cycles – getting closer and letting go. Revolving around something for years. You described that well.
I like the long-armed tinsel laughing loudly. Makes me think of a sparkling Christmas tree. But only the old kind of tinsel, the metal kind that we can’t get anymore.
So many „L’s“ that my tongue is tired! I see the German version is completely L-infused, like a delicious tea concoction. 🙂
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Der am Ende aufmüpfende Trieb ist ein schöner Kommentar zum larifari, insbesondere zum langatmigen Lametta, das uns demnächst in Plastikform umgarnen wird.
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Etwas Vorweihnachtliches braucht so ein Textchen doch zur Zeit. Und die Gurkenranke schreibt hier sogar ein L (nach der Spiegelung des Fotos 😉).
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Schicksalsprognosen anhand von Gurkenranken? Sehr interessant. Heute sagt man ja „spannend“. Aber das ist auch schon wieder passé. Früher nahm man dazu Kaffeesatz oder schaute in die große Kristallkugel.
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Gurkenranken sind als Ersatz für Kaffeesatz (nicht zu verwechseln mit Ersatzksffee) außerordentlich ergiebig.
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Hast also erfolgreiche Erfahrung damit gesammelt. Da wirst du mir im Sommer, wenn Gurken Zeit ist, sicherlich einen guten Rat geben können. Ich werde darauf zurückkommen, wenn ich das darf. Und damit einstweilen eine Gute Nacht.😴🌘
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Zichorien-Bräu gab es in meiner Kindheit bei uns zu Hause; von Linde. Weißer Karton mit himmelblauem Punktmuster. Kathreiner möchten wir nicht nur nicht, sondern der war auch teurer. Wir waren nicht auf Rosen gebettet.
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LAunig, heiter, fabelhaft!
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Danke, liebe Diana. Ein bisschen Lametta für den trüben Tag.
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Dass „früher mehr Lametta“ war, weiß ja schließlich jeder, und so ist es sehr fürsorglich von Dir, uns davon dankenswerterweise ein literarisches Pröbchen zukommen zu lassen.
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Gern geschehen!
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Der englische Teil könnte alternativ überschrieben sein: „Tinsels lol“
I
Mir ist „tinsel“eine neue Vokabel, und würde ich diese Überschrift lesen, stellte ich mir wahrscheinlich vor, dass Tinsel eine Person dieses Namens ist.
Keiner Scherz! 😉
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„Tinsels‘ lol“ finde ich grandios. Sehr jetztzeitig.
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Nun, wir leben ja auch jetzt, wenngleich im Einzelfall auch nicht immer im Jetzt. 😉😊
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😅
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Was macht denn das Apostroph dort hinter Tinsels??? 🤔🤔🤔
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Genitiv des Plural … es klingt viel spöttischer, wenn viele Lamettas lachen 🙂.
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😅 Der obige sollte hier hin. 🤷♂️
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Dachte ich mir 🙂
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Gelungene Alliteration!
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Danke. Hat Spaß gemacht.
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Stabreime? Auf jeden Fall sehr heiter
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Ja, sogar der zweite Buchstabe inklusive.
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Ja, hat sicher Freude gemacht
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So etwas machte ich auch immer gerne, Ule. Schön, daß Du das „in die Runde“ warfst.
Larmoyanz kannte ich zwar, aber nicht exakt, denn ich benutze es nie. 🙂
Meine Sprache ist gefühlt weitgehend frei von Fremdwörtern, meine Frau würde aber das Gegenteil behaupten, da bin ich sicher.
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Danke für deinen Kommentar, Gerhard. Es ist oft sehr spannend, Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung zu vergleichen.
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Ich denke, genauer betrachtet, daß ich ein kleineres Reservoir an Fremdwörtern habe, dies aber kaum erweitere. So wird vermutlich ein Schuh draus.
Von den an sich verschiedenen Wahrnehmungsmöglichkeiten wissen wir ja seit dem Film „Das Lustwäldchen“ von Kurosawa bestens bescheid?!
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O ja! Aber dafür braucht es nur die täglichen Alltagserfahrungen, Herr Kurosawa hat das Phänomen „nur“ verfilmt.
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Das stimmt natürlich. 🙂
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Ich glaube, dass keine Sprache allein imstande ist, alle Zustände, Vorgänge, Empfindungen und so weiter auszudrücken. Und da ist es mitunter unerlässlich, sich bei einer anderen Sprache den passenden Ausdruck auszuleihen. Mich stört lediglich, dass dabei permanent auf das Englische zurückgegriffen wird. Sehr amüsant finde ich jedes Mal, wenn jemand ein Fremdwort nicht kennt und es vorsichtshalber Englisch ausspricht, obwohl es kein englisches Wort ist.
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Gelegentlich habe ich auch erlebt, dass es in unserer Sprache für eine bestimmte Erscheinung nicht das zufriedenstellende Wort gab, wohl aber in Englisch oder Französisch. Latein bietet eher die etwas sperrigen Klötze (abgesehen von Fachsprachen, wo Latein als Sprache zur eindeutig bestimmten Aussage oft unentbehrlich ist).
Fehlgriffe in der Sprachverwendung finde ich oft auch sehr erheiternd, da gibt es ja auch lustige hochmoderne Erscheinungen, zum Beispiel die Autokorrektur der Mobilgeräte, die literarisch noch gar nicht richtig genutzt wird.
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Der Begriff der Einsamkeit fällt mir hierzu ein. Im Englischen gibt es den Begriff „solitude“, der Alleinsein umarmt.
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Eben dieses Wort kenne ich aus dem Französischen und natürlich aus dem Latein.
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Ein lamettiertes Luxuslob für eine lilalaunige lyrikpreisverdächtige Leistung! Ach, Ule, einfach wunderbar! Ein Scheitern der besonderen Klasse – so gekonnt ist Scheitern doch ein Hochgenuss!
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Du als Jury für Lyrikpreise ist die Traumbesetzung! Solche Puzzelei weißt du als Meisterin in dieser Disziplin natürlich zu schätzen. Ich freue mich, wenn das Lesen spaßig war.
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Wunderbar. Lappalien lädieren und larmoyantes Lametta. Toll. Worte, die wie Brausetablette, auf der Zunge rollen. 🙂
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Herzlichen Dank, Alexander. Ja, da gibt es Alternativen, die man sich über die Zunge brausen lassen kann! Es macht schon Spaß, im Rahmen selbst gesetzter Restriktionen zu schreiben – Oulipo lässt grüßen!
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