Eine Dokumentation von Denken und Tun und wie sie ineinander greifen
frühlingsdüster
ostwind eisig
sonne knallt
wälder brennen
fruchtbarkeit in staub verweht
hunger kommt
irgendwann
zeitenwende
zeitenende
tag für tag
schuss für schuss
stirbt hoffnung
auf ein friedliches
ende
plötzlich ist frühling
was du nicht fühlst
in diesem jahr
freudlos
schiebst du fetzen
frühlingsfarbenen papiers
her und hin
und zurück
denkst
es braucht mehr
schwarz
und mehr
zerstörung
um passend zu sein
du zeichnest
trümmerhäuser




Was macht der Krieg in der Ukraine mit uns Zuschauenden, wie beeinflusst er unsere Kreativität, die Wahrnehmung unseres alltäglichen Tuns und Empfindens?
Wie entwickeln sich meine Collagen und wie kann ich gleichzeitig meine Fotografie und das Schreiben wiederbeleben?
Warum will ich das so verbinden?
Alles Reale, Handgreifliche bekommt einen Touch von Illegitimität, wenn anderswo Menschen leiden. Wir haben uns daran gewöhnt, dass das „schon immer“ ständig so ist. Aber der Ukraine-Krieg zeigt das akut und scharf. Jedenfalls für mich.
Lässt sich das verstörend Illegitime überhaupt darstellen, andeuten wenigstens, aufscheinen lassen – in irgendeiner gestalterischen Weise?
Was fühle ich? Ich bin ratlos, weil ich eher mit Lähmung, Leere, Stumpfheit, Passivität, Trauer reagiere. Mit Angst halt – Kaninchen vor Schlange.
Nun beginnt sich Abwehr zu melden: Ich will mir nicht gefallen lassen, dass all das mit mir geschieht. Und gegen Angst vor drohendem Chaos hilft es, selbst Ordnung zu schaffen, etwas zu gestalten. So erobere ich ein wenig Kontrolle zurück.







Besser geht es mir bezüglich der Realität natürlich nicht. Aber meine innere Erstarrung ist gelöst, der Strom fließt wieder. Das macht die Welt nicht besser. Mir aber wieder erträglicher.
Ich danke euch, die ihr mir bis hierher gefolgt seid.
Gut, das du auf diese Weise einen Weg für dich aus der Erstarrung gefunden hast. Deine Collagen sind ganz Besonders geworden. Gerade im Schmerz, in der Trauer und der Angst, kann die größte Schöpfungskraft liegen und du zeigst es hier. Mir gefällt der ganze Prozess deiner Weg-Findung einschließlich deiner Texte. Auf den Hintergrund gehe ich heute bewußt nicht ein. Es sind tolle Arbeiten! Für das nächste Mal hoffe ich auf mehr Leichtigkeit für dich, aber alles hat seine Berechtigung und seine Zeit.
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Den Hintergrund dieser Arbeit müssen wir nicht wieder und wieder diskutieren, er ist ohnehin immer da, liebe Almuth. Ich bin froh, dass diese Collagen mir wieder zu persönlicher Handlungsfähigkeit verholfen haben und zu dem Mut, mich wieder zu freuen an den Dingen, die schon immer da waren und wiederkommen.
Und an Menschen wie dir, die mit mir Gedanken austauschen, ab und zu.
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Das freut mich auch, das du damit etwas auflösen konntest!
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🙂
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I will come back – I’m sorry you’re feeling this war so deeply but the despair that you feel has pushed you to create a series of very moving, meaningful collages. But I want to say more so I’ll be back. My heart is with you –
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Thank you, dear friend. I’ll send translations of the three poems by email.
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Thank you! That works better. 😉 I think you already are making a beautiful statement with the first photo here – the way the illustration of two people with hearts lies upside down with the black cloth on top of it, the sweet, tender colors again seen under black, but in no way completely obscured by the darkness. You are already sending the message that you then elaborate on in words and pictures. Then you lay out the questions that went through your mind very clearly, giving us a glimpse into the process – I like that. And then you’re very honest about the feelings, which is not easy in a public forum like this. I admire that. Finally , instead of freezing like the rabbit, you found a way to move creatively which, as you said, helps you get some control. So now we have eight wonderful collages. The designs are beautiful. Incorporating the map and expressive sketches of crumbling buildings, the bits of screen – they all work so well together. I think you even sewed the screen down with strong black lines that add more to the composition. The white netting toed to the black but flying out of the frame says something about hope that feels unable to fully express itself – the circumstances are too dire. I’m not sure of the final, almost white collage is hopeful or not – it feels like more of an obliteration than a purification. Maybe not.
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Let me start with your final supposition: obliteration was what I was thinking of. Asking what will be left from Ukraine when the war finally will have ended. White noise?
Your thoughts on the opening photo show the power of coincidence : what you see in that haphazard material collection feels very consistent to me, pointing to the process to come. Even though one has already seen what’s coming up, you go beyond that – clairvoyantly – and resketch the thoughts while I was working out the collages.
And yes, I felt the only way out of paralysis was to find out what was really going on inside of me. And I felt a strong impulse of healing (that white netting stuff is medical gauze), combined with the anxious question whether beauty is allowed at all in such cruel times.
There are no words to thank you enough how you deeply dive into my doings again and again and always show me so deep understanding, dear Lynn.
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Ein erstes Feedback zu den Texten: Hier gefällt mir der zweite Text am besten, weil er so präzise auf den Punkt kommt (da stimmt für mich jeder Vers! Chapeau!). Der erste Text hat für mich eine vergleichbare Qualität, hier tue ich mich aber noch mit der „Fruchtbarkeit“ schwer … Der letzte Text liest sich für mich wie ein „Making of“ zu Deinem kreativen Prozess, er funktioniert für mich am wenigsten als Gedicht (vermutlich, weil er recht ungefiltert persönlich ist). Über die Bilder wie überhaupt über das ganze Projekt muss ich noch ein wenig nachdenken. Fortsetzung folgt (irgendwann, irgendwie, vielleicht auch per Mail).
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Oder per Fon …
Ja, das Making of zu diesem Projekt verläuft auch parallel zu meinen wechselnden „Geisteszuständen“ in der Zeit, ist prosaischer. Froh bin ich, dass Schreiben überhaupt wieder funktioniert; und obwohl ich intensiv an der „courage to be disliked“ arbeite, freue ich mich natürlich über deine positive Resonanz.
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Hi Ule
Von der Unordnung zur Ordnung, da diese Sicherheit bietet, das lieben wir. Aber, oh dear, die Entropie setzt sich durch 😦
Mit lieben Grüßen vom sonnigen Meer
The Fab Four of Cley
🙂 🙂 🙂 🙂
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Hi, Fab Four of Cley,
solche Ordnungssehnsucht ist natürlich trügerisch, nicht nur wegen der Entropie. Auch psychologisch bringt Ordnung nur eine Beruhigung, wie es Drogen tun. Die Gründe für die Angst müssten weg, und das ist in unserer Welt nicht so einfach.
Danke für euren Besuch, eure Gedanken und Grüße!
Take care!
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Huch, sehe das erst heute – brauche noch ein wenig mehr Zeit dafür …
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Es eilt nichts, du Liebe. Ich mute euch hier ja auch einen ziemlichen Brocken zu.
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Ich hätte gedacht, die Bewegung geht hinauf, was aber wahrscheinlich unheilbarem Optimismus geschuldet ist. Oder doch nicht nur, denn man kann die einzelnen Collagen auch in die Richtung nach oben interpretieren
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Wie spannend. Ich war blindlings von der hier üblichen Leserichtung ausgegangen.
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Für mich wird hier aber die „falsche“ Leserichtung rechts nach links von der Richtung hinauf überlagert
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Also geht es für dich immer hinauf, weil das in jedem Fall stärker ist?
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Ich kanns nicht sagen mangels Beispielen…. Könnte aber so sein
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Ich finde in diesem Fall deinen Gedankenrahmen, beginnend bei der Überschrift, zu eng, zu fest geschnürt, zu dunkel, zu verbindlich. Die Collagen sind eine wie die andere bemerkenswert, vielseitig, formal ausgewogen. Gerne würde ich sie ohne die düstere Rahmung, die sich schon im Titel andeutet, betrachten und genießen.
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Danke, Gerda, du spiegelst meinen Gedankenrahmen, wie er als Motivation zu der Arbeit bestand, sehr treffend wider, dunkel, eng, mit einem Gefühl der Unentrinnbarkeit. Insofern ruft der Beitrag ein adäquates Echo hervor, das aber durch den Eindruck der Collagen nicht gedeckt ist. Verstehe ich dich richtig?
Bevor ich sie auf den schwarzen Karton aufgeklebt habe, hatte ich einige Alternativen probiert; die hellen Varianten waren mir allesamt zu freundlich.
Deine Idee, sie einzeln zu betrachten, lässt sich für die letzte Bilderserie leicht durch Vergrößern im Reader oder auf dem Monitor verwirklichen.
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Danke für deinen Hinweis, Ule, aber die Bilder lassen sich leider nicht groß und auch nur im Doppelpackk anschauen. Da ist die Wahrnehmung doch sehr eingeschränkt. Das ist schade, denn das Hinschauen lohnt sich sehr.
Was mir insbesondere auffällt, ist die Unterlegung und ab dem dritten Bild auch Überlagerung der lebendigen Formen durch dunkle Netze, die genau das ausdrücken, was du im Text andeutest: „Lähmung…, Stumpfheit, Passivität, Trauer“, die sich wie ein dunkler Schleier über die Dinge legen, die kaum wagen, sich zu rühren und zu entfalten (der Falter im sechsten Bild)..
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O, der genaue Blick der Künstlerin. Das schwarze Fliegennetz, das auf mich wie eine Art Trauerschleier wirkt, breitet sich immer stärker über diesem Frühling aus, je länger der Krieg dauert.
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Wahnsinn! Da platzt es ja förmlich heraus- eine spannende, kontrastreiche Fülle! Ich komme wieder hierher – mit mehr Zeit dafür! Liebe Grüße, Petra
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Na, erst mal erfreut mich von Herzen deine Stipvisite, liebe Petra!
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Dein Gedicht „frühlingsdüster“ spricht mich sehr an. In diesem Frühling bläst ein kalter Wind und es liegt für viele ein schwarzer Schleier über allem , den du hier sehr kontrastreich einsetzt. Die Erstarrung überwinden durch Gestaltung-? JA!!! Das machst du sehr gut! Der unüberwindliche Kontrast bleibt zwar in deinen Bildern und warum nicht?- aber es ist Ästhetik dabei, die zeigt, dass auch jetzt noch Schönheit siegt.
Und in den Momenten, in denen du wieder mehr Lebensfreude walten lässt, gibt es einen Menschen mehr auf der Welt, dem das Lächeln nicht erfriert. Verdrängen und vergessen ist nicht die Lösung, aber weiter da sein, leben, es sich gutgehen lassen, solange das geht, für sich und andere sorgen. Auf dass Hoffnung und Lebensfreude einen Strich durch die Rechnung machen. Liebe Grüße und herzlichen Dank für diesen berührenden und aufrüttelnden Beitrag! Petra
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Liebe Petra, was für eine aufbauende Rückmeldung, danke sehr!
Es hat den Anschein, dass die Sehnsucht nach Schönheit sich nicht dauerhaft unterdrücken oder überlagern lässt. Das beendet zwar nicht die Schrecklichkeiten der Welt, aber schützt uns vor der Verzweiflung. Auch du lässt dich nicht beirren.
Vielleicht legt sich der kalte Wind ja auch wieder, wenigstens der meteorologische auch bald.
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Ich hatte mich schon gefragt, ob du denn von kreativen Aktivitäten ganz abgekommen wärst. Dachte mir aber auch, dass dies unwahrscheinlich ist, bei einer kreativen, vielseitig interessierten Frau wie dir. Und da bist du ja wieder mit einer interessanten Serie!
Auf den ersten Blick gefällt mir einmal schon das olivgrün-lila als geradezu ideale Farbkombination für dieses Thema. Auf den zweiten Blick verstehe ich Gerhard und finde die Aufhängung auch etwas zu geometrisch. Und auf den dritten Blick finde ich es toll, wie das unterste Element nach oben strebt und dieser Eindruck lässt sich ja nur durch eine in irgendeiner Form aufsteigende Hängung erzielen.
Ich habe über das bescheiden, begnügen, beschränken noch mal nachgedacht. Ich kenne das von mir in der Form, dass ich gerne mehr an Talent hätte. Ich habe in vielen Dingen ein kleines Talent, aber in keinem ein herausragend großes.
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Ach, wie viele interessante Gedanken, Myriade! Ich freu mich!
Die Frage nach Aktivitäten ist ganz berechtigt: einige Wochen war ich tatsächlich sehr gebremst, habe statt selbst zu tun viel gelesen und im Garten gewühlt.
Wenn die Unzufriedenheit dann groß genug ist und das Hadern mit den nur durchschnittlichen Talenten (wie bei dir) und dem fehlenden konsequenten Fleiß, stellt sich meist eine Art von Trotz ein, der mich in Bewegung versetzt. So hier.Und jetzt fließt „es“ wieder, was es auch sei.
Was die Hängung betrifft, war mir eine negative Diagonale schon wichtig wegen des Wendepunktes, nicht zum Positiven, sondern eher zum Ungewissen ((siehe die leere Pappe als Ausblick).
Die absteigende Linie etwas weniger streng zu gestalten ist einen Versuch wert, die grundsätzliche Richtung muss angesichts der Entwicklung in der Ukraine vorläufig leider beibehalten werden. Vielleicht, eines Tages … mein Optimismus hält sich in Grenzen.
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Ich finde gerade den Kontrast zwischen dem Zerstörerischen und dem Versuch der „Rekonstruktion“ durch die treppenartige Anordnung sehr gelungen.
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Wie gut, immer wieder zu sehen, dass Menschen vor demselben äußeren Eindruck zu völlig verschiedenen Meinungen kommen. Ich freu mich über deinen Gedanken, Joachim.
Die Serie enthält auch auf der bildinternen Ebene viele rekonstruierenden, heilenden Elemente: Zusammengenähtes, Verbandmull als Material …
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Um es besser würdigen zu können, müsste man es vor Ort sehen …
Die Kommentare sind als Ergänzung ebenfalls sehr hilfreich.
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Tja, dann komm mal vorbei 🙂.
Die Kommentare meiner Gäste hier führen erfreulicherweise oft zu vertiefende Gedanken oder veranlassen mich zu einer Art „Making of …“ oder dazu, einen Blick in meine Motive zu öffnen. Darüber bin ich immer sehr erfreut.
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Deine Aufhängung ist im übrigen zu ordentlich, finde ich 😀
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O, danke sehr für dieses anregende feedback! Hier widerspricht die Form dem Inhalt, meinst du das? Wahrscheinlich triggert dieser Krieg mein Ordnungsbedürfnis. Aber ich kann deinen Eindruck sehr gut nachvollziehen.
Ab und zu fällt eine Collage von ihrem schwarzen Trägerkarton, weil die Klebung die Spannung nicht aushält. So löst sich die Ordnung immer mal wieder selbsttätig 😉.
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Ich hatte mal 6 kleinere einzelformate eines Künstlers gekauft, die hängte ich fast „wahllos“, aber als ein zusamnenhängendes ganzes.
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So hatte ich ja die 30 „Fenster zum Druntergrund“ gehängt: äußerlich durcheinander, nur bei genauer Betrachtung dennoch mit inneren Ordnung. Ich mag gern in der Hängung der Arbeit zusätzlichen Sinn verbergen.
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Das kann ich nachvollziehen.
Mehrere Schichten von Zusammenhang.
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🙂
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Gewobenes Ganzes
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Das trifft es gut.
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Ich habe das in der Nacht jetzt eher überflogen. Das zu Anfang.
Ordnen, arrangieren, tun ist menschlich, meine Frau und ich tun das tagtäglich.
Nichts neues also.
Den Krieg haben wir mittlerweile verdrängt, aber wir folgen den Nachrichten intensiv.
Es ist vieles im Argen, dauerhaft, etwa der Klimawandel, all die Kriege und Katastropheen auf dieser Erde.
Der Club of rome erhob seine stimme vor 50 Jahren, Fourier vor 180 jahren, wenig bis nichts ist passiert.
Pflicht ist, jetzt und hier zu leben.
Trotz aller schreckensmeldungen wie heute, als man einen besonderen Ring aushob.
Erstarren bringt nicht weiter.
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Hab Dank für deine Nachtgedanken, Gerhard.
Hier und jetzt leben würde ich so gerne in Freude und Hoffnung, nicht in Pflicht. Darum ringe ich.
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So richtig leicht und unbeschwert zu sein, das scheint für mich auch länger her zu sein.
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Um diesen Gegensatz zu verstehen, müsste man mehr von deinem Leben wissen. Wie erdrückend die Pflicht ist …
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Pflicht ist für mich seit der Kindheit schon ein „Naziwort“ („habe nur meine Pflicht getan“). Gewissenhaft und zuverlässig Aufgaben zu erfüllen war mir immer eine Freude, das Fremdbestimmte, wie in Pflicht, spielte da nur eine geringe Rolle. Ich möchte einfach lieber leben dürfen und nicht müssen.
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