todesarten
früh gestorben noch
lange gelebt
auf dem Friedhof
der ermordeten Töchter
todesarten gesucht
zahllos gefunden:
kränken und ausweiden
häuten schlachten
innerhalb der
guten sitten
täglich vor unseren
Augen die nicht sehen
todesarten jede
gesenkt in die lebenden
– Fanny Franza Aga alle –
die eigene je und
doch immer dieselbe
verschlossen in sich
die elendeste
suchte dich heim
fand dich
wehrlos
Recht hast du. Ich löse mich nur langsam, bin immer noch ziemlich nah (lese auch immer wieder die eine oder andere Kurzgeschichte).
LikeLike
deine zeilen haben mich förmlich ins innerste des gedichts gezogen.
auch wenn ich den schluss als solchen gelesen habe- ich komme jetzt so schlecht heraus!
ich bin sehr berührt von deiner kunst des schreibens!
liebe grüße aus dem regen (endlich)
gabriele
LikeGefällt 1 Person
Liebe Gabriele, dass dir diese Gedichte so nahegehen, bewegt mich sehr. Ingeborg Bachmann ist mit dem Todesarten-Thema, das sich durch ihr ganzes Leben zieht und so viele ihrer Werke verbindet, eine so wichtige Autorin gerade für Frauen, sie hat die Rolle der Frauen im vorigen Jahrhundert so klar gesehen; ich habe beim Schreiben auch immer wieder an deine Julie denken müssen.
LikeLike
Ich weiß auch noch nicht so genau, wie ich aus dem Sog dieser Stimmung herauskommen soll.
LikeLike
vielleicht sollte man doch etwas verweilen. als die julie fertig war, spürte ich in mir eine seltsame leere.
gedichte zu bewohnen kann auch beglücken!
liebe grüße
gabriele
LikeGefällt 1 Person
„todesarten“ dürfen natürlich in einem Bachmann-Zyklus nicht fehlen. Ich finde, dieser Text ist durchsichtiger als die vorangegangen, vielleicht aber auch nur, weil mir das Thema näher ist. Das tragische Schicksal der Dichterin und ihrer weiblichen Protagonistinnen aus dem Zitat „Friedhof der ermordeten Töchter“ zu entwickeln, halte ich für eine kluge Idee – auch wenn damit der ‚Friedhof der sukzessive durch ihre Männer zerstörten Ehefrauen‘ (wenn ich das mal so ins Unreine nennen darf) etwas in den Hintergrund gerät (was aber für mich – zumindest für Fanny und Franza, die ich kenne – auch eine ganz wichtige Komponente zu sein scheint). Gänsehautfaktor bei der mit dem Zitat verwobenen Zeile „täglich vor unseren / augen die nicht sehen“ und dann der Hammer von Schluss!
LikeGefällt 1 Person
Das ist spannend: woher kennst du meinen Schreibprozess so genau? Tatsächlich habe ich in Vorversionen viel stärker auf die Zerstörungen duch Partnerbeziehungen abgehoben (die ja auch im Thema liebe bereits anklingt). Und als mir vor ein paar Tagen in „Malina“ in der Traumszene dieser Friedhof wiederbegegnete, wurde mir plötzlich klar, dass hier Ursprung und Ziel liegen: die unbewusste Wahl eines Partners nach dem Vaterbild (auch im Gegenbild bleibt ja der Bezug noch mächtig)und die Perpetuierung der Kindheitsproblematik. Ich fand auch „Undine geht“, diesen unglaublich kämpferischen Text, ganz eng mit der Problematik verflochten, konnte sie aber nicht unterbringen, ohne den Spannungsbogen zu schwächen.
Diese Dichterin bewegt mich so intensiv mit beidem, ihrem Werk und ihrem Leben.
LikeGefällt 1 Person
Und woher weißt Du, dass ich, als ich „Ehemann“ hinschrieb in Klammern die „Vaterfigur“ hinzufügen wollte? – ja, ich glaube, es stimmt: im „Friedhof der Töchter“ liegt der Ursprung für all dieses weibliche Leid. (Ich hatte beim ersten Lesen nicht direkt den Vater auf dem Schirm, aber ja: natürlich!).
LikeGefällt 1 Person
Sie hat den „Friedhof der Töchter“ gar nicht so oft erwähnt, wie andere Brutalitäten von Mann-Frau-Beziehungen, die für sie ja überwiegend in Lieblosigkeit und Gedankenlosigkeit bestanden. Dennoch erscheint mir das wie eine Essenz, die sie auch erst sehr spät in ihrem Leben zu denken gewagt hat.
LikeGefällt 1 Person