echium vulgare
oben schlängeln
rötlich knospen künftig blaue
becher voll erblüht an jeder
thyrse freundlich borstig
einer nur von tag zu tag
die vergangenen
darunter distelpieksig
natternkopf umschwärmt von
wilden winzlingsbienen
in der späten mittagsglut
landebahnen
schlank gebogen
vierfach führen fliegen falter
zu dem süßen
bodensatz in jedem becher
den die menschlichen tentakeln
grob zerlegen
abwicklung des zarten kelches
fetzen auf papier als spuren
einer suche nach verstehen
durch zerstörung kaum erreicht
sehr treffend beschrieben… ach nee, bedichtet :-).
In der letzten Strophe hab ich meine zahlreichen Bestimmungsübungen in diesem Sommer für meine Blühpflanzenliste wiedergefunden. Ja, da freut man sich, dass man erfolgreich den Namen einer Pflanze herausgefunden hat, und gleichzeitig blickt man auf ein totales Desaster.
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Ich frag mich oft, wie man sich fühlt, wenn bei der Bestimmung herauskommt, dass man eine geschützte, vom Aussterben bedrohte Pflanze erwischt hat.
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I bet I would love your poem, Ule, but for me, the photo is actually enough! You have made a perfect design with the writing and fallen blossoms – the curves of the stamens match your writing, the white space all around sets everything off, and the colors are refreshing. I love it. 🙂
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Nach mehrmaligem Lesen habe ich gemerkt, welch eine Sogwirkung dieses Gedicht hat. Es gelingt dir durch eine bemerkenswerte Beschreibung, dem Leser das Leben der Pflanze vor Augen zu führen.
Dies geschieht respektvoll und voll Bewunderung für die Einzigartigkeit dieser Blume.
Aber dem nicht genug. Du kritisierst die Haltung des Menschen, alles zerlegen und zerstören zu müssen. Und das beschreibst du ganz stark in den letzten beiden Zeilen.
Liebe Grüße
Gabriele
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Liebe Gabriele, ich weiß zu schätzen, dass du deinem Garten Zeit für einen Besuch „bei mir“ entziehst. Danke für Lektüre und Kommentar. Und für deine beständige Aufmerksamkeit für mein Tun.
Seit vorgestern blüht endlich wieder eine Zichorie in meinem Garten – wann immer mir eine begegnet, denke ich an dich, zur Zeit also täglich.
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Was für ein feiner Gedanke!
Wann immer ich Gedichte schreibe, dann habe ich dich und alle, die sich mit Zeilen abmühen, im Blick und im Kopf!
So sind wir wundersam verbunden durch das Wort und die Liebe zur Natur!
Herzlichst
Gabriele
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Ein sehr filigraner Text! Schön eingefangen hast Du hier das zerstörerische Potential der menschlichen Neugier. Andererseits entsteht auf den Spuren dieser Natur-Zerstörung durch Erforschung wunderbar Neues: eine Annäherung an das Natur-Kunstwerk durch minutiöse Beschreibung, selbst Wort-Kunst vom Feinsten. Dein Text macht mich nachdenklich: Müssen wir Menschen zerstören um zu schaffen?
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Danke dir, liebe Sabine, für deine Gedanken und Worte.
Ob wir Menschen zerstören müssen, um zu erkennen und zu schaffen – in manchen Fällen scheint es so, als sei die Alternative dazu, auf die Erkenntnis zu verzichten.
Aus Respekt darauf verzichten, Respekt zu erweisen.
Deine Frage führt in eine moralische Zwickmühle.
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Ach, wie schön! Habe mich schon gefragt, welches Pflänzchen Du wohl diesen Monat „erfolgreich botanisierst“ und in ein Gewand aus Versen packst. Am besten gefällt mir – neben der herrlichen Zeile „vierfach führen fliegen falter“, wie Du den Übergang von Pflanze zum Mensch über das biologische „Tentakel“ gestaltest. Eben dieser Übergang – von Natur zur Person – hat etwas toll goetheanisches: Der Weimarer hat das mit seinem Ginko- oder Metamorphose-der-Pflanzen-Gedicht auch so gemacht. Und ein neues Wort habe ich auch gelernt: Thyrse, das musste ich erstmal googeln 🙂 Gestolpert bin ich übrigens in der achten Zeile beim „von“. Der Rythmus der Zeilen schien mir immer am Ende zu sinken, sodass ich das „von“ in der nächsten Zeile erwartet hätte.
Ganz lieben Dank und nicht minder liebe Grüße!
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Sei gegrüßt, lieber Simon!
Diese Nahtstelle zwischen Natur und Mensch erleben wir ja ständig (oft zum Nachteil beider Seiten), und besonders stark habe ich das in einem Pflanzenbestimmungsseminar kürzlich erlebt. Wenn man mit Herrn Schmeil zum Ziel zu kommen will, bleiben am Ende von der Pflanze nur traurige Reste.
Zur Stolperstelle: tatsächlich enden fast alle Zeilen mit einer Senkung, bis auf drei Strophenenden, und gerade zu diesem Zweck musste ich das „von“ am Ende der achten Zeile haben, denn sonst hätte sie auf der Hebung von „umschwärmt“ schließen müssen.
Deine aufmerksame Lektüre meines Beitrags ist mir wie immer Ehre und Freude. Ich hoffe, du kannst den Sommer genießen, ohne dass Hitze und Trockenheit dir und deiner Umgebung allzu sehr zusetzen.
Ule
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Oh, diese traurigen Reste kenne ich auch! Noch schlimmer ist das übrigens bei der wissenschaftlichen Insektenbestimmung…
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Himmel ja! Insektenschlachtbank!
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