Für Neu-Anfänge
ist der Herbst vielleicht eine ungewöhnliche Zeit, aber wer will schon immer den gewöhnlichen Spuren folgen.
Die Versuche, zu meinen Gedichten zurückzufinden, sind unsicher und vorsichtig; nach langer Schreibpause ist mein Selbstbewusstsein ziemlich wackelig, aber ich möchte nicht so einfach aufgeben. So habe ich genau diesen Prozess in Worte gefasst.
scrabble
I.
es hat mir die sprache verschlagen
für meins
umso
ausführlicher
kunstreicher
sprachmächtiger
kommentiere ich
das eure
soll ich das beklagen?
II.
die wörter aus dem fokus
zum bildrand verdrängt
schwirren auf höherer ebene
ungemischt überlagern die formen
farbige adjektive entgleiten in
auflösung ohne struktur oder tiefe
schärfer als je der verlust
aller bilder durch
bilder
III.
die mir verweigert das rechte wort
die sich sperrt gegen form
die mich zwängt in konvention
mir aufdrängt platte bilder
und mich quält mit fragen
nach dem sinn
Und da ich mich auf die Bilder zur Zeit stärker verlasse, habe ich zu diesen Texten eine Bildmontage gebaut, die ich zugleich in die Serie der Blickfänge einbinden will: Zur Montage zeige ich euch die Originale, aus denen sie zusammengesetzt ist.
A Ausgangsbilder für die Montage
B Was dabei herauskam:
Das sieht man im Beitragsbild, aber ich füge es hier noch mal ein, damit man es auch vergrößern kann.
Liebe Ule,
ich kenne die Schreiblähmung auch sehr gut, immer dann treten meine Bilder nach vorne, du hast nun hier beides aufs Feinste zusammengebracht!
Dein Beitrag lässt mich der Lähmung hinterher spüren, ich weiss, dass sie dann auftaucht, wenn in mir die Prozesse laufen, ohne dass sie abgeschlossen sind und dann verweigern sich eben auch die Worte für sie. Anderes ist mir zu privat, um es in den öffentlichen Raum zu stellen, wieder anderes erscheint mir zu banal, die Worte wollen sich nicht treffsicher einstellen. Bestimmt gibt es noch andere Gründe, aber die sind es, die mir einfallen.
Gut, dass ich deinen Blog aufgesucht habe, nun habe ich Gedankenfutter und Freude an deinem.
Herzliche Grüsse
Ulli
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Liebe Ulli, die von dir aufgezählten Gründe spielen auch in mir zusammen, zur Zeit sind es wohl die ungeklärten Prozesse, die die Hauptrolle spiele.
Aber auch ein gewisser Hang zu frühherbstlicher Zurückgezogenheit mit Lesestoff/ Strickwolle, Musik und heißem Tee, der die Produktivität pausieren lässt. Kein Grund für Alarmismus, Kommen- und Gehenlassen gelingt mir zur Zeit ganz gut, nicht immer.
Danke für deinen lieben Besuch bei mir.
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Ich bin beeindruckt von so vielen schönen Worten ! Einfach wundervoll …………….
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Danke, Doro, das freut mich sehr – besonders wenn ich mit Worten einen offensichtlich ausgeprägten „Augenmenschen“ wie dich erreichen kann.
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As usual, the translator does not so well with poetry, but I get the idea, and it’s such a good one – if you’re having trouble writing, write about having trouble writing, describe what it feels like. Very smart! The second part did translate pretty well, and I like the way you use descriptions that are relevant to visual art to describe the writing process. But then you go further, illustrating the ideas with this wonderful montage of craked mud on the ground with words. Thank you for presenting something truly original, Ule. 🙂
And I hope you are not too tormented. 😉
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Liebe Ule, schön, daß die Worte zurückkommen! Deine Wort-Text-Collagen sind sehr reizvoll. Du hast ein Händchen dafür! Schon interessant, wie sich das entwickelt und sich fügt und dir hilft, dieses Bild-Wort-Wechselspiel 🙂 Nicht zuletzt sind Buchstaben etwas bildhaftes und Sprache erzeugt Bilder im Kopf. Wie auch immer. Man sieht, Krisen können inspirierend wirken! Ich bin eher die mit den Bildern, als die mit den Worten, deshalb kurz gesagt: Gut gemacht und weiter so 🙂
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Danke, Almuth, für deinen lieben Zuspruch. Die Bilder sind mir nicht weniger und nicht mehr lieb als die Worte, und ich freue mich, wenn es für beide „Fans“ gibt, viele Menschen haben ja eine deutliche Neigung entweder zur einen oder zur anderen Seite. Und wenn die Verbindung von beiden auch noch rüberkommt, ist mein Glück doch komplett!
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Und du kannst das besonders gut, diese Verbindung von Wort und Bild! Schön für uns Fans beider Fraktionen 🙂
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Für mich bedeutet es ein großes Glück, dass Du wieder zur Sprache zurückkommst. Bin ich doch weniger der optische Mensch, als vielmehr Haptiker und eben Buchstabler. Und Du hast die große Gabe, beides miteinander verbinden zu können. Bild & Text zusammen funktioniert bei Dir großartig, wie lyrifant schreibt: ein Gesamtkunstwerk. Und ich liebe dieses Konzept. Also bitte, bitte: Go on!
Liebe Grüße!
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Lieber Simon, wie sehr habe ich deine Besuche vermisst! Und wie gut ist es, dich wieder zu lesen (bald hoffentlich auch wieder in Langform 😉).
Es ist gerade nach einer Zeit der Zweifel unendlich wohltuend und ermutigend zu erfahren, dass sich Menschen an dem zerzweifelten Tun erfreut haben und es wieder tun.
Da kann die Antwort für mich und manch andere Zweifler kaum anders lauten als „we shall overcome“, um an deinen Appell aus dem angelsächsischen Kulturraum anzuschließen, der diesen Zuspruch auf zahlreichen anderen Gebieten derzeit auch gut vertragen kann.
Mein freudiger Dank an dich!
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es ist wie der blick in eine sich immer mehr verdichtende tiefe, die alles verschlingt und alle mühsam aufgefädelten wörter mit sich reißt!
toll!!!
liebe morgengrüße aus der letzten ferienwoche
gabriele
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Ja, liebe Gabriele. Und die Gedanken gleich mit.
Zum Glück nicht immer.
Genieß die letzten freien Tage!
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Drei Teile – drei Probleme: ein Gedicht – plus drei Bilder: ein Bild, ja ein Gesamtkunstwerk!
I – Der trockene Boden und das Gefühl, Wörter/Worte nur für andere/anderes zu finden – ein Gefühl der Ausgedörrtheit. Ja, vielleicht ein plattes, banales Bild – aber ist es darum weniger aussagekräftig? weniger poetisch?
II – Die Strudelbewegung (banal? vielleicht, aber zentrifugal trifft doch den Kern: Flucht aus dem Zentrum, um im leeren Zentrum das eigentliche Zentrum wiederzufinden), also: die Studelbewegung, die das Bild ins Zentrum und das Wort an den Rand gedrängt hat, kulminiert im Wort (!) Bilder (!) – wow! damit wird das Bild zum Wort, das Wort zum Bild – so findest Du zurück vom Bild zum Wort, und das Wort bleibt offen für das Bild.
III – Die zerfallende, sich auflösende Sprache (Hofmannsthal hatte für seine Sprachkrise das schöne Bild vom Zerfallen der Wörter im Mund wie „modrige Pilze“), sobald man irgendetwas von dem Sinn in ihr/mit ihr fixieren will, montiert in Halbsätze als Zeichen von Sprachlosigkeit, aber auch als Zeichen eines Neubeginns, der die Überwindung der Sprachlosigkeit zum Ziel hat: das letzte Wort heißt „nach dem Sinn“ – wenn das nicht ein Motto ist!
Also mit einem Wort (und ganz ohne Bild): Mir gefällt’s!
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Um dein Fazit aufzugreifen mit einem eigenen, nachträglich dem Beitrag anfügbaren: In Prosa hätt‘ es knapper lauten können „Mir fällt nix mehr ein“ 😉.
Dein Kommentar ist so ermutigend und stärkt mich so sehr, liebe Sabine: anscheinend kann ich mich poetisch doch noch oder wieder verständlich machen! Ich gestehe, beim dritten Teil nicht ausdrücklich an Hofmannsthal gedacht zu haben, hätte es aber sicher getan, wäre mir dieses Zitat bekannt gewesen.
„nach dem Sinn“ ist vor dem Sinn? Oder Unsinn? Wir werden sehen, wie es sich fügt; in diesem Zusammenhang: wenn du bei Gabriele liest, wirst du dort einen Ball finden, den ich dir liegengelassen habe 😉.
Zum Bild muss ich wirklich sagen, der ausgedörrte Boden mit den ums Überleben kämpfenden Gräschen hätte ich echt „too much“ von der Banalitätskeule gefunden, das ging nur in heftiger Verfremdung. Die Kombination mit den durch Nässe verrutschten Buchstaben auf einer alten Shampooflasche (Kopfwäsche, hihi)und weiteren Veränderungen machte es dann richtig für den Text und für mich.
Danke für deinen genial tollen Kommentar, du liebe!
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Nun ist schon mein zweiter Anlauf zu kommentieren aus dem Focus hinausgeschleudert und ins weltweite Web abgetaucht. Ich würde so gern was Kluges sagen, was Unplattes, etwas, das deiner Wort-Bild-Collage angemessen wäre. Aber was könnte das sein, was du nicht selbst schon weißt? Die drei Bildelemente hast du in so überzeugender Weise im Strudel vereint, das mir nur das Wort „perfekt“ einfällt. Dass dir dasselbe nicht mit Worten gelingt, ist ja verständlich. Worte sind so beladen mit Peinlichkeit und Banalität, kaum traut man sich, sie in einem normalen Prosatext zu verwenden, wie denn erst in einem Gedicht, wenn man solch hohes Kunstverständnis und ein stets waches Misstrauen gegen sich selbst hat wie du? Und doch ist es dir in deinem Gedicht gelungen, das zu vermitteln, was in deinem Bild unmittelbar die Sinne erreicht.
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Was ich nicht selbst schon weiß, liebe Gerda? Lieben wir es nicht auch, Dinge zu hören, die wir im Grunde schon wissen, die aber unsere Selbstzweifel beruhigen? Obgleich solche therapeutische Schonung womöglich nur in geringerer Dosierung der Entwicklung zuträglich wäre als deutlicher Widerspruch? Aber du kannst und tust ja beides und noch viel mehr, Gerda, das schärft meinen Blick und stimmt mich dankbar.
Worte, Schreiben, Veröffentlichen sind immer mit Peinlichkeit vermintes Gebiet – aber auch die Fotografie bewegt sich nicht außerhalb dieser Gefahr. Die Ironie hilft oft zum knappen Entkommen, wie in Teil I.
Aber generell gilt wohl: Veröffentlichen ist nichts für Feiglinge.
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richtig, ist nix für Feiglinge mit feinem Sensorium. Ich setz mir gern die Clownsnase auf, dahinter fühle ich mich sicherer.
Ich lese feine Kommentare bei dir.
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Nicht wahr? Meine Gäste hier gehören zu meinen liebsten Lebensbegleitern, sie machen mir so viel Freude!
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