Beginn eines Zyklus mit Gedichten zu Filmen von Wim Wenders.
Den Auftakt bieten zwei Texte zu dem Dokumentarfilm „Chambre 666“, in dem Wenders anlässlich der Filmfestspiele in Cannes 1982 den anwesenden Regisseuren Gelegenheit zu einer Antwort auf die Frage nach der Zukunft des Kinos gibt. Große Namen der Filmkunst nennt der Vorspann, und die Regiegrößen finden sich in dem kleinen Hotelzimmer mit der Nummer 666 ein, um ganz allein auf die gestellte Frage zu antworten.
Die beiden Texte spiegeln meine zwiespältigen Gefühle zu der gezeigten Situation, denen ich je eine eigene Bühne geben wollte: der psychologischen Neugier ebenso wie der leisen Belustigung.
chambre 666
einsam der regisseur
vor der kamera
verkehrte seiten
unbehagen
im falschen dasein
sich selbst inszenieren
gefangen
im sterben des kinos
allein
auf die kamera zu
geht die flucht
zum ausgang
dahinter
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leidenschaftslos
zimmerservice für chambre 666
serviert zehn-gang-menü
„tolle Cannes-rolle à la Wenders“
gruß aus der küche:
libanonzeder an
bedrohlichem orchester
unbehagen der köche
an einsamer
selbstinszenierung
beilage zu allen gängen:
schneegeflimmer an
variationen von sport
seltsam so allein
zu speisen sagt
nur eine frau
Ein Kontext ist nie verkehrt für einen eigenen Text, Siehe Goethe.
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Den ersten Text finde ich stark – obwohl ich den Wenders-Film nicht gesehen habe. Aber beim zweiten Text fehlt mir offenbar der Referenzrahmen, den verstehe ich nicht.
Wobei: Ein mutiges Projekt! Denn ich finde es gar nicht so einfach, Texte zu schreiben, die auf andere mediale Repräsentationen antworten oder sich sonstwie dazu in Beziehnung setzen… Viel Erfolg wünsche ich Dir dafür!
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Danke dir. Ein paar weitere Texte gibt es schon. Ich poste sie nach und nach.
Durch diesen Plan sehe ich Filme plötzlich ganz anders – zum Teil auch sehr selektiv, um das herauszufiltern, was für mich den Kern ausmacht – das muss nicht der Absicht des Filmemachers entsprechen. Aber ich hoffe auf Wenders‘ Offenheit.
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🙂
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Natürlich versuche ich die Texte so zu gestalten, dass sie ohne Kenntnis der Filme „funktionieren“, aber der volle Spaß entsteht natürlich, wenn der Kontext bekannt ist.
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